Die BVW prägt eine Drei-Klassengesellschaft aus, die sich zunächst nur im Zuteilungssystem ausdrückt, sich aber vermutlich in in alle Bereiche des gesellschaftlichen Alltags und des Selbstverständnisses der Menschen fortsetzen wird.

Die Sonderversorgung

Steht den überdurchschnittlich arbeitenden zu. Das Buch spricht von einem speziellen Güterangebot, das auch über eigene Lagerhäuser der Sonderversorgung, die nur den Berechtigten offen stehen, verteilt wird.

Die Allgemeinversorgung

Steht der Mehrheit der Bevölkerung, die eine durchschnittliche Arbeitsleistung (Zeit, Erschwernisfaktor) erbringt, offen.

Die Grundversorgung

Die Grundversorgung bekommt jeder, auch wenn er nicht arbeitet. Die definiert eine Klasse von Menschen, die nicht arbeiten können (Behinderte, Alte? Kranke?) oder wollen (Genügsame, Aussteiger der BVW).

Güter

Wenn von Versorgung und Gütern die Rede ist, sind nicht nur Waren gemeint, sondern auch die Krankenversorgung, Zugang zu Restaurants, Eintritte zu Veranstaltungen usw.

Diskussion / Arbeitsleistung und Versorgungsqualität

Empfindest du das nicht als gerecht und notwendig [dass Leute, die mehr arbeiten besser versorgt werden (wie in der MW und der BVW)]? -- HelmutLeitner

Wahrscheinlich denke ich einfach in ganz anderen Bahnen. Wenn du von "gerecht" sprichst, dann meinst du im Prinzip, dass wer nicht arbeitet auch nicht essen soll. Arbeit wird hier mit Leiden gleichgesetzt und es ist eben dann gerecht, wenn diese Leiden durch etwas ausgeglichen wird - in diesem Fall eben ein höheres Konsumniveau. Das stimmt so weit auch in allen arbeitsbasierten Gesellschaftsformen. (Arbeit ist hier eine Chiffre im Wesentlichen für entfremdete Tätigkeit.)

Ich gehe dagegen von der grundsätzlich anderen Überlegung aus, dass (gesellschaftlich) (nützliche) Tätigkeit eben auch aus Selbstentfaltung heraus getan werden kann - die Freie Software bietet hier ein hervorragendes Beispiel. Wenn (gesellschaftlich)(nützliche) Tätigkeit aber Selbstentfaltung ist, dann ist sie eben kein Leiden mehr und damit muss auch nichts mehr kompensiert werden - letztlich fällt das ganze Problem der Gerechtigkeit mindestens an dieser Stelle damit einfach weg.

Das ist für mich eine dialektische Aufhebung der ganzen Problematik auf einer höheren Stufe. Und ich würde nach der Oekonux-Erfahrung sagen, dass jede Gesellschaftstheorie, die diese Aufhebung nicht hinkriegt, nicht mehr zeitgemäß ist. -- StefanMertenEdit 2005-12-30 19:57:06

Stefan, das mit dem "wer arbeitet soll auch nicht essen" ist eine polemische Überzeichnung. Mir liegt eine solche Haltung - ich weiß nicht, wie du mich siehst - völlig fern. Die BVW will eine Grundversorgung für jeden und sagt im Prinzip: "wer nicht arbeitet soll keinen Kaviar essen und nicht in einer Luxuswohnung leben". Meine Frage war - ganz unabhängig von meiner persönlichen Vorstellung von einem fairen Gesellschaftssystem - an dich im Verhältnis zur BVW gerichtet.

Was das übrige betrifft, erscheint mir vieles verständlich, manches illusionär. Ich bin auch Softwareentwickler, habe auch Spaß an der Arbeit und trenne da nicht zwischen Beruf und Freizeit und suche vor allem den Sinn in der gesellschaftlich nützlichen Tätigkeit. Aber jemand am Fließband, bei Müllabfuhr oder Straßenreinigung wird seine Arbeit schwerlich als Selbstentfaltung empfinden können. Wir beide sind Teil einer intellektuell privilegierten Elite, die nicht zu sehr in höheren Sphären schweben und die Bodenhaftung verlieren sollte.

Die Frage von "Abschaffung von Mangel" oder "dialektischer Aufhebung der Problematik" ist für mich eine unausgegorene Rhetorik. Diese marxistischen Denkfiguren stellen sich mir als religiöse Glaubensgebäude dar, die sich mit der Funktionalität des Wirtschaftens oder von Open Source gar nicht beschäftigt, sondern sich in Beschwörungsformeln und Glaubenbekenntnissen erschöpft. Aber das hat nichts mit diesem Buch zu tun, wäre eine Diskussion für einen anderen Ort. -- HelmutLeitner

BVW/weitereThemen/DreiKlassenGesellschaft (last edited 2006-01-11 18:09:52 by FranzNahrada)

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