Diskussion

Selbstentfaltung bedeutet „die Entfaltung JeMeiner individuellen Möglichkeiten, in dem Sinne, dass die Selbstentfaltung aller die unmittelbare Bedingung JeMeiner Selbstentfaltung ist“.

Selbstentfaltung ist nicht zu verwechseln mit Selbstverwirklichung, die auch auf Kosten von anderen denkbar ist.

Zur Formulierung

Zu der Formulierung JeMeiner: Das ist im Grunde eine Kennzeichnung einer grammatikalischen vierten Person, die sowohl ich als auch wir bedeutet. Das stammt aus der kritischen Psychologie und referiert auf die gesellschaftliche Natur des Menschen.

Zu unmittelbar: Die Unmittelbarkeit ist dabei wichtig, da dies mittelbar (also durch Geld, Markt, Staat, etc. vermittelt) auch schon im Liberalismus angedacht und im Kapitalismus partiell verwirklicht wurde. Das hat in der Vergangenheit schon zu Mißverständnissen geführt. Mit dieser Unmittelbarkeit ist nämlich nicht gemeint, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse quasi von selbst einrichten, dass man einfach nur machen müsse und dann passt schon alles. Vielmehr geht es eben um die Abgrenzung gegenüber z.B. dem Liberalismus, der einen ähnlichen Anspruch hat, ihn aber nicht nur nicht verwirklicht, sondern sogar aktiv verhindert durch Einführung einer eben mittelbaren Verbindungsschicht zwischen den Menschen.

Die Definition der Selbstentfaltung ist angelehnt an eine Formulierung von Karl Marx im Kommunistischen Manifest (S. 482):

Oekonux-Bezug

Ein Großteil freier Software entsteht dadurch, daß jemand ein Programm schreibt oder Fehler korrigiert, um selbst von der Verbesserung einen Nutzen zu haben. Die Verbesserung kommt aber, insofern sie veröffentlicht wird, auch der Allgemeinheit zugute. Somit ist Selbstentfaltung die Haupt-Triebkraft bei der Produktion freier Software.

Überlegungen

Es ist idealistisch bzw. utopisch zu sagen, dass die Verfolgung eigener Interessen zu einer sinnvollen Entwicklung im Sinne aller führt. Wie geschieht die Vergesellschaftung? Wie wird außerhalb eines Marktmechanismusses entschieden, was förderlich und gewünscht ist?

Selbstentfaltung ist nicht ohne die Einbeziehung seiner Umgebung möglich. Beispiel Freie-Software-Bewegung: Wenn einzelne Programmierer innerhalb eines Projekts auf ihre individuellen Wege bzw. Lösungen beharren, wird ein neues Projekt abgespalten, das diese verfolgen kann. Allerdings auch mit dem Nachteil, sich auf weniger Menschen und Wissen stützen zu können.

In diesem Zusammenhang wird das Maintainer-Prinzip vieler Projekte diskutiert, also eines Individuums, das für die Beteiligten Weg, Vision und Ziel vorgibt („wohlwollender Diktator“). Einige sehen bei einem solchen Prinzip einen Mangel an Demokratie („Wem das nicht passt der kann gehen.“)

Hinweis auf den marxschen Begriff der „Assoziation freier Individuen“. Der Begriff wird daraufhin als basisdemokratische Vergesellschaftungsform diskutiert, die einen Konsens sucht, falls dieser jedoch nicht gefunden wird, eine Abstimmung zulässt. Die GPL könnte man als Vergesellschaftungsprinzip innerhalb der Freien-Software-Bewegung sehen. Sie besteht in dem Verbot, anderen die Freiheit zu versagen.

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s.a. die seite Selbstentfaltung k. 2901 1002

Oekonux/Glossar/Selbstentfaltung (last edited 2006-02-10 08:07:19 by HelmutLeitner)

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