TAUSCHWERT

Zitate

"Um es antiquiert auszudrücken: die Marktwirtschaft relativiert alles am Tauschwert. Gebrauchswerte gelten am Markt nur insoferene, als sie als Tauschwerte taugen".(S.20)

Definition

Der Tauschwert ist eine Elementarbestimmung des Reichtums in der Marktwirtschaft, der in Form von Waren existiert. Tauschwert ist definiert als die physikalische Menge der Ware A in einer Austauschrelation mit einer Ware B.

Fragen

Frage: Was ist der innere Widerspruch des Tauschwertbegriffes?

Diskussion

FranzNahrada: Als Tauschwert wird eine Sache rein quantitativ betrachtet; sie soll in ihrer Funktion als Tauschmittel Austauschbarkeit mit anderen Dingen darstellen. Marx hat aus den inneren Widersprüchen des Tauschwertbegriffes auf die notwendige Existenz einer Kategorie namens Wert geschlossen. Während Tauschwert die handgreifliche empirische quantitative Bestimmung einer Ware ist (beim allgemeinen Tauschmittel Geld ist das in Gramm oder Unzen ausgedrückt, bei Hühnern in Ordinalzahlen) ist der "Wert" ein gesellschaftliches Verhältnis, das im Tauschwert bloß erscheint. Damit ist aber auch der Tauschwert, der scheinbar so handfeste, Erscheinungsform seines Gegenteils (weil ungreifbar), des Werts.

Deswegen macht es keinen Sinn, die Marktwirtschaft historisch herzuleiten, etwa wie Engels aus der "einfachen Warenproduktion". Sie ist zwar historisch aus "Tauschwirtschaften" entstanden, diese waren aber immer nur Randphänomene von Subsistenzwirtschaften. In dem Moment, wo der Austauschprozeß wirklich die ganze Gesellschaft ergreift, entfaltet sich qualitativ und quantitativ das Wertgesetz:

* Qualitativ, weil damit die Kette Tauschwert -> Wert -> einfache Wertformen -> Geld -> Kapital unwiderruflich ins Werk gesetzt ist.

* Quantitativ, weil ab nun die Konkurrenz um die "gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit" über jede Verausgabung der Arbeitskraft regiert.


Um die Sache zu verdeutlichen, ein Zitat von Franz Oppenheimer, der obwohl fast vergessen, den theoretischen Strang von Ferdinand Braudel, Henry George und anderen im deutschen Sprachraum verkörpert und der den Tauschwert verharmlost:

"Wo keine durch sie (die Herrschenden - Anmerkung des Verfassers) gesetzten Monopole bestehen, da besteht der friedliche Wettbewerb ungestört. Und da besteht das Verhältnis der Genossenschaft unverändert fort: die Menschen tauschen im Grunde nur Dienste, selbst wenn sie Güter gegen Güter und Güter gegen Dienste tauschen. Denn in der »reinen Ökonomie«, in der keine Monopole bestehen, stellen die Güter ihrem Werte nach - und das ist das einzige, was in Betracht kommt - auf die Dauer und im Durchschnitt (in der »Statik«) durchaus nichts anderes dar als Energieaufwände von bestimmter Dauer und Qualifikation; und solche Energieaufwände heißen eben: Dienste. Hier besteht volle Äquivalenz, d. h. Gerechtigkeit. Wo aber Monopole bestehen, da enthält der Wert der Güter noch einen zweiten Bestandteil: den des Tributs an die gesellschaftliche »Machtposition«, die das Monopol darstellt, und da tauschen sich die Güter der Oberklasse nicht äquivalent gegen die Dienste der Unterklasse, sondern unter Verletzung der gerechten Äquivalenz: Ausbeutung, Wucher; die Waage des Marktes ist gefälscht!"

Genau das "auf die Dauer und im Durchschnitt" ist der erschwindelte Witz! Marx würde oberflächlich gesehen ähnliches behaupten und doch sagt er mit dem Wertgesetz das genaue Gegenteil. Die notwendige Trennung und Entgegensetzung von Tauschwert und Wert führt dazu, daß sich der Tauschwert fortbilden muß zum Geld, das Geld zum Kapital, etc. - Was die allermeisten Marxisten nicht verstanden haben, Marx aber dunkel andeutet, ist, daß schon in der Elementarform der Ware und ihren inneren Widersprüchen zu allen "ungemütlichen Erscheinungsformen" der Ausbeutung und letztendlich zur Krise führt. Nicht das "Gleichgewicht" ist der Witz, sondern die Abwesenheit eines fixierten Maßstabes. Marx hat sich immer wieder gegen die Predigt des "Himmelreiches der Äquivalenz" gewandt - und da ist für mich was dran. Franz

A.F.: siehe meine Bemerkung unter Begriff "Gebrauchswert"


BVW/WertUndGeld/Tauschwert (last edited 2006-01-12 09:06:13 by AlfredFresin)

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