Diskussion

Die gesellschaftliche Stimmung ist angesichts der drängenden gesellschaftlichen Probleme von aufgeklärter Ratlosigkeit und dumpfem Unbehagen gekennzeichnet. Es ist Zeit für einen Perspektivenwechsel: Wie sieht eine zukunftsfähige Gesellschaft aus? Die Bremer Commune will mit ihrer Praxis dazu beitragen, diese Frage einer Klärung näher zu bringen. Historisches Vorbild ist die Pariser Commune, die von März bis Mai 1871 die Hauptstadt eines Landes für menschliche Selbstbestimmung umgestalten konnte.

4,7 Millionen Arbeitslose werden offiziell zugegeben, über 6 Millionen sind es mit denen, die aus der offiziellen Statistik herausgerechnet wurden. Die neoliberale Antwort darauf ist, den Sozialstaat massiv zu kürzen und gleichzeitig schlecht bezahlte Dienstleistungsarbeit ("bad jobs", Zeitarbeitsfirmen) zu fördern. Die Elite hat dagegen ein ständig wachsendes Einkommen, als Schmerzensgeld für die irrsinnigen Leistungsanforderungen des globalisierten Weltmarkts - ständig die Gefahr des Absturzes vor Augen. Bleibt also nur, sich durchzuwurschteln in der Hoffnung, dass es so schlimm schon nicht kommen wird?

Nein. Die Automation der Produktion ist so weit fortgeschritten, dass eine solidarische Wirtschaftsweise materiell möglich ist. Die Bremer Commune versucht dies auch gesellschaftlich zu konkretisieren. Über eine Lebens- und Arbeitsberatung helfen wir uns gegenseitig bei Ausbildung, Studium und Finden von Teilzeit-Reform-Erwerbsarbeitsplätzen. Über einen Umsonst-Laden, Werkstätten und Lebensmittel-Laden sichern wir zudem eine Grundversorgung mit minimalem Aufwand. Dadurch bleibt Zeit, parallel Konzepte für ein demokratisches Wirtschaften zu erarbeiten und kooperative Arbeitsformen praktisch zu erproben. Auf diese Weise werden auch Kriterien gewonnen, welche der bestehenden Technologien produktiv für eine zukünftige Gesellschaft (um)genutzt werden können und welche destruktiven Technologien bekämpft werden müssen.

Steigender CO2-Ausstoß z.B. in Bremen trotz Reduzierungszielen, Krise der Massentierhaltung (BSE, MKS), ungeklärte Atommüll-Entsorgung u.a. zeigen, dass die Gesellschaft nicht nur solidarischer, sondern auch ökologischer werden muss. Die Bremer Commune schafft deshalb gesellschaftliche Orte, an denen Naturkreisläufe und Naturerfahrung im Mittelpunkt stehen, als Motivationsquelle für ökologisches Handeln. Konkret gibt es hier eine Solidargemeinschaftsküche und eine Kräuterparzelle.

Nun haben die Menschen neben diesen eher materiellen auch emotionale und geistige Bedürfnisse. Die Vereinzelungstendenzen und Wünsche nach immer extremeren Erfahrungen, bis hin zur psychischen Verelendung, zeigen dass auch hier zukunftsfähige Alternativen gefordert sind. Deswegen versucht die Bremer Commune, eine kooperative Kulturund einen emanzipierten Umgang mit Sinn- und Glaubensfragen zu entwickeln.

In dieser Gesellschaft wird Bildung oft auf (fachidiotische) Ausbildung für bestimmte verwertbare Funktionen reduziert. Die Bremer Commune führt in Kooperation mit Unitopia, der selbstorganisierten Uni, ein selbstorganisiertes Studium generale alternativ durch, das in Wechselwirkung mit der Praxis Grundlagen einer zukunftsfähigen Gesellschaft zum Thema hat.

In der parlamentarischen Demokratie haben die Menschen kaum noch das Gefühl, auf Gesellschaft einwirken zu können - mit der Folge einer Entpolitisierung und Zulauf zu Rechtspopulisten in vielen Teilen Europas.

Die Bremer Commune erprobt als Alternative radikale Basisdemokratie.

Eine rotierende Aktivierung zu den verschiedenen Grundlagen menschlicher Existenz soll das allgemeine Beteiligungs- und Einsichtsniveau erhöhen und Demokratieempfinden und Partizipationsbewusstsein fördern. Auf dem basisdemokratischen Bremer Commune-Rat wird über die Entwicklung der Bremer Commune diskutiert und entschieden. Durch diese Grundlage wird der Gefahr begegnet, dass die notwendige Arbeitsteilung zwischen (ab)wählbaren Verantwortlichen in Expertenhörigkeit mündet.

Es gibt also ganz verschiedene Grundlagen, die für eine menschlich-emanzipierte Gesellschaft wichtig sind. Wir halten es deshalb für wichtig, sowohl die Eigendynamiken dieser menschlich-existenziellen Grundlagen wahrzunehmen und anzuerkennen, als auch sie zu humanisieren, also an menschliche Bedürfnisse zu koppeln.

Last but not least beteiligt sich die Bremer Commune auch an Aktionen, um ihre Kritik an den und Alternativen zu den herrschenden Verhältnissen auch öffentlich deutlich zu machen - in Kooperation mit dem globalisierungskritischen Aktions- und Bildungsbündnis Attac.

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Bremer Commune (last edited 2005-08-10 11:32:51 by KarlDietz)

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