Diskussion

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Aus einer Diskussion zum Arbeitsbegriff

Ausgangspunkt waren zwei Mails von FranzN über eine Veranstaltung

http://doku.argudiss.de/

Was von Marx zu lernen wäre:

Alles Nötige über Arbeit und Reichtum im Kapitalismus (Aachen, 30. November 2006)

mit Dr. Peter Decker

Die Aufteilung der Aufzeichnung orientiert sich an folgender Gliederung:

Teil 1: Die Trivialität der sogenannten Arbeitswertlehre - und das verkehrte Interesse, das sie bei Nationalökonomen und Sozialdemokraten gefunden hat.

Teil 2: "Abstrakte Arbeit" - Nicht dass Arbeit den Wert schafft, verdient Interesse, sondern was für eine Arbeit. Verausgabung von Arbeitskraft, Mühsal ist Substanz und Index des Wert-Reichtums. Gegensatz zum Reichtum an Gebrauchswerten. Produktivität nützt nichts mit Hinblick auf den Wert.

Teil 3: Der Nutzen, den die Steigerung der Produktivkraft der Arbeit im Kapitalismus dennoch hat: Reduktion der notwendigen Arbeitszeit, in der der Arbeiter seinen Lohn reproduziert.

Teil 4: Das Kapital ist der prozessierende Widerspruch - Macht Arbeit relativ überflüssig und macht doch alles vom Stattfinden von für es lohnender Arbeit abhängig. "Disposible time" ist der wahre Reichtum der Gesellschaft.

Teil 5: Diskussion

Kommentare dazu

AM aber er hat, wenn ich ihn richtig verstanden hab, an etwas andren arbeitsbegriff als i. denn für mi is a schweißnaht der ausdruck von arbeit. unabhängig davon, ob die schweißnaht von an schweißer oder an schweißroboter geschweißt wurde. bei ihm hab i aber den eindruck, dass sobald etwas von machinen erzeugt, erledigt wird, dies bei ihm nimmer unter arbeit fällt.

FN Ich weiß nicht ob er nicht doch recht hat: Arbeit ist ja etymologisch sehr stark an den menschen und seine Rolle gebunden, ich würde es von "Produktion" abheben, aber wenn wir uns um die Worte streiten dann können wir sagen, in seinem Sinn ist Arbeit der menschliche Einsatz.

Ganz sicher ist es aber so, daß die Betriebswirtschaft diesen Unterschied macht: ein Roboter kostet seinen Verkaufspreis, der Mensch kostet die Lebensmittel und ist ein flexibles Element. Das hat Marx dazu gebracht zu sagen: die Maschine überträgt ihren Wert, der Mensch hat ihn aufgefressen und schafft ihn neu. In diesem Sinn unterscheidet sich die menschliche Arbeit sachlich, als Gegenstand der Betriebswirtschaftlichen Organisation ist sie ein Faktor der unter dem Gesichtspunkt einer Wertdifferenz interessiert.

AM mir is des schnurz-pip-egal wer recht hat, aber in mein verständnis brauchen menschen, um über einen sachverhalt ein gemeinsames verständnis erreichen zu können ein gemeinsames verständnis was welcher begriff in ihrer diskussion bedeuten bzw. aussagen soll. sonst werden sie immer wieder an einander vorbeireden + somit kaum auf keinen grünen zweig kommen. + wenn wir uns darauf einigen wollen, dass z.b. nur menschen arbeiten, dann gibts halt keine arbeitstiere wie pferd + ox + das is mir dann auch recht. oder es arbeiten nur mensch, pferd + ox, aber dann gibts halt keine arbeitsmaschien, weil dann haben wir und eben darauf geeinigt, dass maschien ned arbeiten, sondern von menschen mehr oder weniger gut beaufsichtigt was herstellen = produzieren? aus meiner sicht war es so: als es kaum noch technologie gab, hat der mensch gearbeitet indem er selber körperlich geschuftet + geschwitzt hat. um durch den einsatz von eigenenergie an die früchte seiner arbeit zur erhaltung der eigenen existenz zu kommen. doch mit der zeit hat sich das geändert, weil etliche menschen dahinter kamen ned körperlich zu schuften is clever, sondern besser is es brain work einzusetzen. + die qualität des brain work kontinuierlich zu steigern. das is a form von waxtum, die m.e. ewig weiterwaxen kann ohne zu schaden, im gegensatz zu andren materiellen quantitaven formen.

die anfänglich ungeübte + daher qualitativ schwache brain work führte zur erkenntnis, besser is wenn andre für mich hackeln. heut nennt man das auch sklaverei. doch mit der steigerung der brain work-qualität über die zeit wurde klarer, dass andre fremdenergie als die fremder, überfallener völker, besser einsetzbar is. bis schließlich die fossile (fremd-)energiequelle an die 1. stelle gekommen is + aus sklaven arbeitssüchtige, maschinen bedienende, arbeiter wurden, die anscheinend wieder in die nähe von sklaven zurückfallen. mittlerweile könnt man auf die idee kommen, dass der exzesive einsatz von fossiler fremdenergie möglicherweise a ka ausdruck von hochqualitativem brain work sein könnt, wenn man klimamäßig oder öklogisch damit in den status von goethes zauberlehrling geraten könnt oder vielleicht schon geraten is? da der rational denkende mensch m.e. von seiner ausstattung her ned wirklich in der lage is sich in den wahrlich komplexen gebilden der realität zurechtzufinden, will i das nur mal erwähnt haben + sonst vorzugsweise aus unserer diskussion drausen lassen.

der langen schreibe kurzer sinn:

menschen arbeiten! tiere arbeiten auch oder ned? ... such dir was aus maschinen produzieren? fertigen? stellen her? pls let me know

HGG Ich bin dafür, von einem Begriff "Arbeit" auszugehen, der seine Wurzel in der Gestaltung der Lebensbedingungen der Menschen hat, und zwar zunächst der Menschen als Gattung. Den kann man dan herunterbrechen auf einzelne Aspekte. Hier etwa: die Schweißnaht eines Roboters ist Arbeit - aber das wird erst sichtbar, wenn klar wird, welcherart "Gestaltung der Lebensbedingungen" mit der Schweißnaht verbunden ist. Vielleicht an einer Gaspipeline. Dann wird aber in Ansätzen auch klar, dass die Schweißnaht sehr komplex in menschliches Tun eingebettet ist. Und dass *diese* Art von Arbeit nicht über ein Verdingungsentgelt an ein anderes Mitglied der menschlichen Gemeinschaft (so nenne ich mal korrekt den Arbeitslohn) bezahlt wird, sondern direkt in die Kosten- und Gewinnrechnung des Unternehmers eingeht. Der Schweißnaht sieht man hinterher übrigens kaum an, ob sie von einem Roboter oder einem Menschen geschweißt wurde (behaupte ich mal). Zwei (!) Vergesellschaftungsformen von Arbeit, siehe unten.

Mit dem Wort "Produktion" habe ich aber meine Probleme, weil damit heute nicht mehr die ganze Komplexität möglicher Arbeitsformen gefasst werden kann. In Hütten-06 haben wir davon geredet, dass die Trennung in Produktion und Konsumtion aufgehoben gehört in einen komplexen Zusammenhang des gemeinsamen Gestaltens. Die ganze Kostenrechnung liegt da drauf und ist nicht nur Tausch abstrakter Arbeitszeitäquivalente, sondern auch Kommunikation. Mal abgesehen davon, dass die Geschichte mit den Arbeitszeitäquivalenten in einer stark wissenschaftlich geprägten Produktionsumgebung nicht mehr stimmt (es zählt vielmehr die "Inbewegungsetzung der Macht der Agentien") und (Stichwort Transformationsproblem) ob der Altmeister nicht ganz gründlich durch die spezielle Form der damaligen Industriearbeit auf die Geschichte mit der Arbeitszeit kam, darüber aber die zweite Wertform, die im Profit kodierten Geldflüsse, gründlich übersah.

AM siehe: jemand kann wie wild hackeln, aber trotzdem hat er kan tauschwert geschaffen, wenn ned jemand andrer in dem gut an gebrauchstwert sieht + dafür geld herzugeben berteit is. + ob in etwas a gebrauchswert gesehn wird, is a individuelle, + somit also a willkürliche gschicht.

FN im einzelfall mag das willkürlich erscheinen, in der gesamtheit nicht. Ist der regen willkürlich weil Du nicht beobachten kannst wo der nächste Tropfen landet?

AM wenn das individuum morgen nämli in aner andren laune als heut is, dann kann das was gestern fürs individuum kan gebrauchswert ghabt hat, heut scho an ham + umgekehrt.

FN Aber nimm die Gesellschaft als Ganzes: sie würde z.B. verhungern wenn keine Nahrungsmittel da sind. Das heißt, es gibt ein objektives "System der Bedürfnisse". Der Wert ist nicht primär als Ausnahme zu sehen, er ist die Regel, die sich im Einzelfall als Tendenz durchsetzt, und es zeigt sich auch noch am Einzelfall was die gesellschaft an disposeable Time hat.

HGG Richtig, es hängt von der Lust und Laune ab, darf es aber nicht. Zwei Wege: Massenkonsum und die Statistik schlägt zu, im Mittel haben immer so und so viel Leute "Lust und Laune" (20. Jahrhundert). Oder Einzelanfertigung: dann aber machen wir, bitteschön, vorher einen klaren Vertrag, was Verantwortungs- und Sanktionsfähigkeit der beiden Vertrag schließenden Seiten erfordert (21. Jahrhundert).

FN der Warenproduzent ist gezwungen, etwas "nützliches" zu produzieren. Obwohl er im Einzelfall nie wissen kann ob er nicht totalo daneben liegt.

HGG Ist übrigens selbst dann korrekt, wenn er Einzelstücke anfertigt und dies vorher vertraglich absichert. Er muss auch in diesem Fall *vorher* in die dafür erforderliche Infrastruktur investieren. Der Einzelne übernimmt also ein Risiko, das auch in einer Freien Gesellschaft zu übernehmen gesellschaftlich erforderlich ist, wenn wir keinen Computersozialismus a la Peters oder Dieterich postulieren, was ich hier mal als gegeben voraussetze.

Das bedeutet im Übrigen nur, Profit aus *derart* unternehmerischem Handeln als zweite Wertform zu akzeptieren. Ob der ganze geldmäßige Überbau wirklich erforderlich ist, das müsste man abklopfen. Aber hier, an der Basis, ist die Rechnungsführung zugleich eine Form komprimierter gesellschaftlicher Kommunikation, die sich auch in einer Freien Gesellschaft nicht mit einem Federstrich abschaffen lässt ohne ohne die relative Autonomie der handelnden (nun sag ich's doch) Produzenten in Frage zu stellen.

AM wenn es aber stimmt, dass der wahre reichtum disposable time oder gebrauchswert is, dann gibt es in unserer gesellschaft ned no an 2. reichtumsbegriff nämli geldreichtum, sondern an scheinreichtum genannt geldreichtum.

FN Also wenn Du Geld hast dann kannst Du Dir alles kaufen. Das würd ich nicht Schein nennen.

HGG Kaufen ist nur ein Teil der Möglichkeiten, die eigenen Lebensbedingungen zu gestalten. Wenn ich dabei auf das Annehmliche zurückgreife, das mir andere tun, dann ist es nur gerecht, wenn ich in gleichem Maße zurückgebe. Das aber ist der Kern der o.g. Rechnungsführung. Reichtum ist dann allerdings nicht das Geld, sondern dass die Lebensbedingungen lebenswert bis angenehm sind. Insbesondere halte ich es für einen weit verbreiteten Trugschluss zu denken, wenn ich erst genug Geld haben muss, und erst dann daran gehe, meine Lebensbedingungen angenehm zu gestalten. Das ist ein stark wechselseitiger Prozess.

HGG/Arbeit (last edited 2007-06-10 20:11:30 by HGG)

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