Ich will hier mal versuchen, ein paar essenzielle empirische und methodische Ausgangspunkte meiner Argumentation auf verschiedenen "Schauplätzen" genauer zu markieren, denn der ist offensichtlich sehr verschieden von dem anderer Leute in der Debatte.

(1) Es ist m.E. eine empirische Tatsache, dass über die Jahrtausende die Arbeitsteilung immer weiter vorangeschritten ist, dabei die Menschheit als Gattung ihre "tätige Auseiandersetzung mit den eigenen Lebensbedingungen" immer weiter intensiviert hat und sich die Reichweite dessen, worauf sie Einfluss gewannen, räumlich, zeitlich und in der Kausalwirkung ständig ausgedehnt hat. Eine weitgehend konstante Entwicklung ohne große, für mich sichtbare Brüche. "Das Wasser steigt und steigt". Die Mittel-Zweck-Umkehr kann ich da überhaupt nicht sehen. Höherentwicklung schon; die Phänomene, auf die sich Holzkamps Argumentation in der Richtung bezieht, kann man m.E. problemlos (alternativ?) auch so erklären.

(2) Die Kopplung dieses Stands der Arbeitsteilung (was in der DDR-Terminologie wohl mit PK wirklich gemeint war) an die Art der Arbeits- und letztlich Gesellschaftsorganisation ist - da teile ich die Ansicht von (kurz-94) - deutlich enger als weithin angenommen. Zu dieser Position komme ich auch, weil mein Denken stark von den "Hyperzyklern" geprägt ist. Insofern sehe ich den Dominanzwechsel zu marktwirtschaftlicher Regulierung mit Beginn des Kapitalismus als Ausdruck einer Notwendigkeit einer speziellen Art der Organisation der PK, welche dem erreichten Stand der Arbeitsteilung entspricht. Hier suche ich nach Gründen, warum das so ist, und glaube sie im "Korngrößendilemma" gefunden zu haben.

(3) Auf jeden Fall sehe ich - wie m.E. auch (ruben-98) - diese Entwicklung als adäquate Reaktion auf die Vertiefung der Arbeitsteilung. Da diese Vertiefung mit der Überwindung des Kapitalismus nicht zurückgefahren werden wird, ist eine Prämisse meiner Überlegungen, dass die organisatorischen Prozesse, wofür der Wert "erfunden" wurde, auf adäquate Weise aufgefangen werden müssen. Dazu sind diese Prozesse zunächst zu identifizieren. Meine Antwort lautet - es geht um die Interaktionsbedürfnisse autonomer interagierender Produzenten, also um das, was der Kapitalismus im Unternehmertum neu reingebracht hat. Und ich suche die Antwort auf die "Wertfrage" in Parallele zum Arbeitsbegriff im Aufbohren. Dass letzterer aufzubohren ist, darüber scheint ja weitgehend Konsens zu bestehen. Weniger über das Wie. Meine Position ist in der Debatte zum "Bedeutungswirbel" m.E. deutlich genug zu sehen. Meine These zum "Wert": Seine Aufwandsmaß-Funktion bleibt, die Sinnmaß-Funktion wird durch Formen direkterer Kommunikation abgelöst.

(4) Von da aus sind die Schlussfolgerungen, dass "Herrschaft abgeschafft wird, indem alle herrschen", "Gleichheit ihre Quelle in der Verschiedenheit der Sujekte hat", "Freiheit die Fähigkeit ist, verlässliche Bindungen einzugehen" und alles, was sonst noch mit der Rubenschen Kategorie "Person" zu verbinden ist, im Zentrum der Dynamik der heutigen Entwicklungen steht. Meine Vision ist die einer Gesellschaft, deren "Personen" (i.e., autonomen interagierenden Agenten) funktional so gut aufgestellt sind, dass die Gesellschaft als Ganzes auf die "Multioptionalität von Zukunft" in ausreichender Breite vorbereitet ist. Dabei werden die Bedürfnisse dieser Agenten zum "Raisonnieren" in Zukunft die Bedürfnisse zum "Tun" deutlich übersteigen, so dass sich Gesellschaft in dieser Richtung - ohne Aufgabe der Tuns-Autonomie, die aus dem privaten, verantwortungsbeladenen Gebrauch der Vernunft resultiert - deutlich umstrukturieren wird. Ausgangspunkt ist aber dabei diese Gesellschaft, insbesondere alle ihre kulturellen und zivilisatorischen Potenzen (die es folglich zu identifizieren gilt).

HGG/Grundlagen (last edited 2006-08-11 13:23:29 by HGG)

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