Hier ist gesammelt, was zu einem geeigneten Zeitpunkt in die Debatte auf der Mailing-Liste eingebracht werden sollte.
Contents
- Einige Essentials des Informationsbegriffs, den HGG verwendet
- Evolutionäres Verständnis von Information
- Daten, Information, Wissen
- Information und Psychoanalyse
- Information, Wissen und Ideologie
- Der Wissenbegriff und marxistische Tradition
- Leiter von Abstraktionsstufen
- Informationismus
- Zur Meinung
- Zur Relevanz
Einige Essentials des Informationsbegriffs, den HGG verwendet
(Fuchs-Kittowski, Kap. 1.3) hebt die folgenden Prinzipien "grundsätzlicher Bedeutung für ein tieferes, ja neues Verständnis des Wesen der Information" hervor: -- HGG
- Nichtreduzierbarkeit der Information allein auf ihre syntaktische Struktur
- Information ist keine Substanz, sondern ein Verhältnis, eine Trias von Form, Inhalt und Wirkung
- Höhere Lebewesen nehmen keine externen biologischen Informationen auf
- Information entsteht intern in Einheit von Abbildung, Bedeutung und Bewertung
- Die Semantik der Information wird syntaktisch nicht vollständig gespeichert
- Form, Inhalt und Wirkung der Information bilden einen universellen Zusammenhang
- Information ist weder Materie noch Geist allein, sondern die Verbindung zwischen Materiellem und Ideellem
- Information als Codierung existiert in Raum und Zeit, die Semantik, das Ideelle in der Gleichzeitigkeit
- Information ist eine organisierende Wirkung, die über Bedeutungen vermittelt wird.
- Information ermöglicht organisierte Strukturen, die Funktionen realisieren können, wobei die Information erst über die Funktion (Pragmatik) ihre Bedeutung erhält.
Evolutionäres Verständnis von Information
(Fuchs-Kittowski, Kap. 1.3) mahnt weiter ein evolutionäres Verständnis von Information an: -- HGG
- "Unter Punkt 10 wird die für das evolutionäre Verständnis der Information entscheidende Aussage getroffen. Im Schema wird der Grundgedanke des evolutiven Konzepts der Information veranschaulicht, daß die Funktion nur auf der Grundlage einer speziellen, durch Information organisierten Struktur realisiert werden kann und die Struktur nur durch die spezielle Funktion geschaffen und erhalten wird, daß dieser Zusammenhang von Struktur und Funktion durch Bedeutungen vermittelt wird, die erst in diesem Wechselwirkungsprozeß gebildet werden und somit Information erst entsteht, wenn durch die Realisierung der Funktion, durch die Wirkung eine Bewertung erfolgt ist und somit die Information ihre Bedeutung erhält. Die Bedeutung ist also ein Verhältnis, sie ist immateriell und kann daher nur in ihrer auf die Syntaxstruktur reduzierten Form maschinell verarbeitet und gespeichert werden kann."
Weiter ebenda: -- HGG
- "Hiermit wird deutlich gesagt, daß man auch auf der Ebene der geistigen Prozesse nicht einfach von einer Informationsaufnahme aus der Außenwelt ausgehen sollte. Der Gedanke, daß Information nicht unmittelbar aus der Außenwelt aufgenommen wird - wie beim lernenden Automaten - , sondern auf der Grundlage der erhaltenen Signale durch einen komplizierten Prozeß der Transition, Abstraktion, Interpretation, Kontexteinbindung, intern erzeugt wird, führt zu erkenntnistheoretischen Konsequenzen. Wissen erweist sich damit als soziale Konstruktion über die Wirklichkeit, ohne das man deshalb solipzistischen Annahmen folgen müßte.
Selbstorganisation ist verbunden mit Entstehung von Information auf allen Ebenen der Organisation lebender und sozialer Systeme.
Es entwickelte sich ein evolutionäres Verständnis der Information: der Bildung ihrer Semantik (des Inhaltes) in der Wechselbeziehung von Struktur (Form) und Funktion (Wirkung). Dieser Trias von Form, Inhalt und Wirkung begegnet man auch auf anderen Ebenen der Organisation lebender und sozialer Systeme."
Daten, Information, Wissen
(Fuchs-Kittowski, Kap. 2.1) fasst diese Trias wie folgt: -- HGG
- "Die Differenzierung zwischen Daten und Information ist eine von uns ... ausführlich behandelte Thematik. Es erfolgte eine Differenzierung entsprechend dem Formalisierungsgrad. Der Formalisierungsgrad ergibt sich aus der Fixierung der drei Semantikvariablen von Sachverhaltsaussagen: dem Objektbezug, dem Eigenschaftsbezug und dem Wertgrößenbezug."
Weiter wird auf die Wissenspyramide nach Aamodt & Nygard eingegangen: -- HGG
- "In weitgehender Übereinstimmung mit dem heutigen Sprachgebrauch in der Wirtschaftsinformatik kann die syntaktische Dimension der Information gleichgesetzt werden mit "Datum", die semantische mit der Nachricht bzw. mit der Bedeutung und die pragmatische mit der verhaltensmäßigen Wirkung der Information.
Die Wissenspyramide zeigt zum einen den Unterschied aber auch den Zusammenhang zwischen Daten, Information und Wissen. Zwischen ihnen bestehen Übergänge. Das eine wird aus dem anderen produziert (Übergang), doch es existieren qualitative Unterschiede.
Das Datum (= Sachverhaltsbeschreibung) ergibt in den Kontext gestellt eine erste Zweckorientierung: die Information. Informationen sind also interpretierte, zweckbezogene Daten. Wissen ergibt sich aus begründeten, miteinander in Beziehung gesetzten (z.B. Ursache-Wirkungs-Beziehungen) Informationen.
In "Informatik und Automatisierung" haben wir Informatik definiert: als die Wissenschaft von der Struktur und Funktion der semantischen und syntaktischen Informationsverarbeitungsprozesse. Damit standen für uns die für den Einsatz und die Nutzung der Informationstechnologien und heute auch für das Wissensmanagement wichtigen Übergänge von der semantischen zur syntaktischen Informationsverarbeitung (die Gewinnung der "operationalen Form", wie Chr. Floyd sagt) und die Reintegration der maschinellen Operationen in die komplexe Tätigkeit des Menschen im Mittelpunkt des Interesses."
Weiter heißt es über die Kopplung von Arbeits- und Informationsprozess: -- HGG
- .. daß im menschlichen Arbeitsprozeß ein bestehender Zustand in einen neuen Zustand durch die Erfüllung der Aufgaben bzw. durch die praktischen oder geistigen Tätigkeiten der Menschen erfolgen, während bei der syntaktischen Informationsverarbeitung Daten über Zustände verändert werden. Wenn die Daten über den neuen Zustand wirksam werden sollen, müssen sie in die komplexe menschliche Tätigkeit wieder zurückgeführt werden, muß aus Daten Information und aus Information Wissen werden.
Die Spezifik des Wissen als soziales Produkt muß speziell beachtet werden, denn in der Informatik und speziell in der KI-Forschung wird Wissen bisher meist nur als Ergebnis individuelle Schließen verstanden.
Die Relevanz von Information und Wissen für die Handlungssituation und Entscheidungssituation zu erfassen, setzt Verstehen und Verständnis voraus, das nur in der Kommunikation von Menschen untereinander, in der sozialen Gemeinschaft gewonnen werden kann und daher wahrscheinlich nur zu einem geringen Teil zu formalisieren ist. Dafür gewinnt die Differenzierung zwischen Wissen verschiedener Ordnung an Bedeutung."
Information und Psychoanalyse
Ein etwas längeres Zitat aus (Hoevels, S. 153), um deutlich zu machen, mit welchen weiteren Phänomenen das Thema Information als Form menschlicher Kommunikation aufgeladen ist. Die entsprechenden Termini habe ich im Glossar ergänzt. -- HGG
- " ... ist das Individuum, geboren mit seinen Trieben und Wahrnehmungsfähigkeiten, aufgrund familialer Unterdrückung das Opfer von Verdrängungen, diese überdecken seine Wünsche, schränken seine Wahrnehmungs- und Kombinationsfähigkeit ein und verkehren sie oft ins Gegenteil. Es läßt sich zeigen - das und wenig mehr sagt die Theorie des unbewußten Wunsches - daß das Individuum, das z.B. glaubt, unbedingt den Kaiser verteidigen, zur Kaaba wallfahren oder Juden vergasen zu müssen, diesen Drang mitnichten selber hervorbringt, sondern erst nach langen, leidvollen Kämpfen und Niederlagen auf die entgegengesetzte Grundlage aufgesetzt hat - diese Grundlage lebt unbewußt weiter und verrät sich in dieser oder jener widerspruchsvollen Handlung ... Umgekehrt läßt sich oft zeigen, daß ein Individuum ursprünglich und gerade das will, wovor es bewußt - und sekundär - am stärksten zurückschreckt, sich schämt oder ekelt. Es zeigt sich, daß seine Wünsche durch die infantile (und spätere) Einwirkung von Gewalt verdrängt wurden, daß zur Festigung dieser Empfindungen entgegengesetzte Empfindungen aufgebaut wurden, die jetzt wie tonnenschwere Grabplatten auf den verdrängten Wünschen lagern. Aber diese sind nicht tot: die Psychoanalyse, gelegentlich auch die gesellschaftlichen Umstände, können die Reaktionsbildungen zerstören und die originalen Wünsche befreien. Das Ich, bedrückt und verformt von Fremdem, kann wieder zu sich selbst zurückkehren - es gewinnt seine ''Identität'' wieder, wenn es seine Interessen, d.h. Triebe, Wünsche, Erinnerungen findet. Die Psychoanalyse kann also - wenn alles gut geht - dem Individuum seine verlorene Identität zurückgeben, die es unter Kämpfen und Niederlagen verloren hatte - sie kann es von den ''Identifikationen'' befreien, die sich über die Identität abgelagert haben, den Kerker der Verdrängungen brechen und ihm die volle Wahrnehmung zurückgeben ... "
Information, Wissen und Ideologie
Ich bringe mal noch diesen Thread hier rein, mit einem Zitat aus (Hoevels, S. 183), auch wenn ich mit dessen Begriff der "objektiven Wahrheit" meine Probleme habe. Mehr zu letzterem in (Graebe:cc-thesen). -- HGG
- "Ideologie, falsches Bewußtsein, ist aber nur als Gegensatz zur objektiven Wahrheit denkbar; anderenfalls verliert das Wort seinen Sinn, und wäre damit gewonnen, es einfach mit "Lehre" synonym zu machen? Denn man müßte dann für das, was Marx und Engels "Ideologie" nennen und was für sie eine bestimmte, nämlich falsche, und nicht einfach falsche, sondern aus Klasseninteressen falsche Lehre bedeutet, eben doch ein Wort finden. In Wahrheit hat aber die ... Zerdehnung des Ideologiebegriffs nur einfach den naheliegenden Sinn, Verwirrung zu stiften und die Entlarvung der wirklichen Ideologie zu behindern. Denn sie soll ja sowohl als falsch wie auch als parteilich entlarvt werden, d.h. durch die Wahrheit ersetzt werden.
Daraus folgt aber nicht, daß das Aufspüren der Wahrheit unparteilich wäre. Denn ebenso wie die Verschleierung gewisser Wahrheiten den jeweils herrschenen Klassen nützt, ebenso sicher nützt ihr Aufspüren den kämpfenden. So nützte die Erkenntnis der Wahrheit über die Natur der kämpfenden Bourgeoisie gegen die herrschende Feudalität (und auch sonst in mancher Weise). .. Die Aussagen von Galilei über Erde und Sonne sind objektiv wahr, unabhängig von der Bourgeoisie und sogar der ganzen Menschheit (und im Gegensatz zu den Lügen der pro-feudalistischen Pfaffen), aber sie konnten nur entwickelt und verbreitet werden, weil sie der Bourgeoisie nutzten. In diesem Sinne - und nur in diesem - sind sie parteilich."
Der Wissenbegriff und marxistische Tradition
aus (Holloway, Kap. 7) -- HGG
- >>Der Begriff des Fetischismus impliziert einen negativen Wissenschaftsbegriff. Wenn Verhältnisse zwischen Menschen als Verhältnisse zwischen Dingen existieren, dann lässt sich beim Versuch gesellschaftliche Verhältnisse zu verstehen, nur negativ vorgehen, indem man sich gegen die Form, in der gesellschaftliche Verhältnisse erscheinen (und tatsächlich existieren), wendet und über sie hinausgeht. Wissenschsft ist kritisch.<<
>>Das Ziel (kritischer Wissenschaft - HGG) besteht nicht darin, die Wirklichkeit, sondern deren Widersprüche als Bestandteil des Kampfes zur Veränderung der Welt zu verstehen (und durch das Verstehen zuzuspitzen).<<
>>Wissenschaft ist für Marx negativ. ... In der marxistischen Tradition nach Marx wandelte sich jedoch der Begriff der Wissenschaft von einem negativen zu einem positiven Konzept. ... Ursprünglich verstanden als Kampf gegen die Unwahrheit des Fetischismus, wurde Wissenschaft nun zunehmend als Erkenntnis über die Wirklichkeit aufgefasst<<, die ... >>auf einem Verständnis gesellschaftlicher Entwicklung basiert, welches ebenso exakt ist, wie das Verständnis natürlicher Entwicklung.<<
>>In der als "Marxismus" bekannt gewordenen Engelsschen Tradition wird Wissenschaft als Ausschluss von Subjektivität verstanden: "wissenschaftlich" wird mit "objektiv" gleichgesetzt.<<
>>Die Positivierung des Wissenschaftsbegriffs impliziert eine Positivierung des Kampfbegriffs. Aus einem Kampf-gegen-etwas wird ein Kampf-für-etwas. Kampf in dieser Perspektive kann nicht als selbstemanzipatorisch angesehen werden.<<
>>Die dualistische Auffassung des Marxismus als Wissenschaft hat zwei Achsen: die Vorstellung eines objektiven historischen Prozesses und die Vorstellung objektiver Erkenntnis.<<
>>Die Genialität der Leninschen Theorie der Avantgardepartei lag also darin, dass sie aus dem Engelsschen Begriff des wissenschaftlichen Sozialismus, im Hinblick auf dessen organisationsbezogenen Konsequenzen, die logischen Schlussfolgerungen zog. Während er bei Marx ein negativer Begriff war (Wissenschaft als Negation der fetischisierten Erscheinungen), wurde Wissenschaft bei Engels zu etwas Positivem (objektive Erkenntnis eines objektiven Prozesses), so dass "unwissenschaftlich" die Abwesenheit von etwas bezeichnet: Abwesenheit von Erkenntnis, Abwesenheit von Klassenbewusstsein. Die Frage, mit der uns Marx zurücklässt (wie können wir, die wir gegen und innerhalb fetischisierter gesellschaftlicher Verhältnisse leben, diesen Fetischismus negieren?), wird zur Frage "Wie können Arbeiter Klassenbewusstsein erlangen?" umgedreht.<< Lenins Antwort: es muss von außen hineingetragen werden. >>So verschwindet die lästige Frage nach der materiellen Quelle des bürgerlichen intellektuellen Bewusstseins, da es einfach nur als Erwerb wissenschaftlicher Erkenntnis aufgefasst wird.<<
>>Wenn Wissenschaft als Erkenntnis-über aufgefasst wird, dann ist die Annahme eine hierarchischen Verhältnisses zwischen denen, die diese Erkenntnis haben (und damit potenziell über die "richtige Linie" verfügen) und denen (die Massen), die sie nicht haben, unvermeidlich.<<
Leiter von Abstraktionsstufen
Eine Klärung der Begriffe Wissen und Information wird nicht gelingen, wenn nicht berücksichtigt wird, dass mit denselben Begriffen in unterschiedlichen Kontexten sehr unterschiedliche Phänomene beschrieben werden. Der oben erwähnte Ausdifferenzierungsprozess hat auf der Ebene des einzelnen Individuums (grob) die folgende Leiter von Abstraktionsstufen durchlaufen: -- HGG
Syntax::
- Abtrennung einer äußeren und einer inneren Welt. Organismen sind in der Lage, auf äußere Reize ("Zeichen") mit einer Modifikation ihrer inneren Welt zu reagieren. Es entsteht ein Gefühl für Kausalität und Gerichtetheit von Zeit. Was zugleich verdeckt, dass Natur grundsätzlich anders funktioniert: allem Beobachtbaren liegen relativ stabile dissipative Kreislaufprozesse zu Grunde.
Semantik::
- Wiederholung äußerer Reize wird mit der Wiederholung innerer Zustände in Verbindung gebracht. Es entsteht so etwas wie ein Gedächtnis und Bedeutung (im engeren Sinne). In einer langen Evolution erscheint die Dynamik der inneren Zustände zunehmend als Bild der Dynamik der äußeren Zustände. Dabei kommt es zugleich zur deutlichen Ausdifferenzierung der biologischen Grenzfläche des Organismus (Sinnesorgane).
Pragmatik::
- Die Verbindung äußerer und innerer Zustände wird als gestaltbar wahrgenommen. Aktives Handeln kommt ins Spiel. Intentionalität und Wille sowie (deutlich später) Ziel- und Sinnhaftigkeit von Handeln entstehen als Begrifflichkeiten. Handeln wird als direktes Einwirken auf die äußeren Zustände reflektiert, obwohl die Ziel- und Sinnhaftigkeit ihre primäre Quelle in den inneren Zuständen hat. Sein und Schein werden noch nicht auseinandergehalten.
Hermeneutik::
- Die Differenz zwischen Auswirkungen pragmatischen Handelns auf die äußeren Zustände und deren (Rück)wirkung auf die inneren Zustände wird wahrgenommen. Es wird zwischen dem, wie es extern ist (Sein), und der Wahrnahme dieses externen Seins (Schein) differenziert und letzteres als primäre Quelle der eigenen Handlungsmotiation erkannt.
Der Vergleich zum OSI-Schichtenmodell zeigt, dass die Stufenleiter nach unten abgeschnitten wurde und mit Transport-, Nachrichten- etc. -schicht die organisch-chemischen Prozesse schlicht als gegeben vorausgesetzt sind. Gleiches gilt für jede der beschriebenen Schichten -- sie setzt Existenz und Funktionieren der jeweils darunterliegenden im Sinne des Form-Inhalt-Dualismus schlicht voraus. -- HGG
Eine dazu komplementäre Dimension ist schließlich die Intersubjektivität. Es geht darum, in welcher Form und über welche Mechanismen diese Muster auf den verschiedenen Ebenen intersubjektiv (und das ist per se anthropozentrisch!) kommuniziert werden. Dieser Dimension gilt in der Wissens-, Informations- und/oder GPL-Gesellschaft aber das Hauptaugenmerk. Deshalb fordert Janich, siehe (Klemm), "Information zwingend auf das Verständnis gelingender menschlicher Kommunikation aufzubauen" und so "das technisch geprägte Informationsverständnis vom Kopf auf die Füße zu stellen". -- HGG
Informationismus
(Capurro-95, Kap. 5) argumentiert gegen einen verdinglichten Informationsbegriff: -- HGG
- "Ein neutraler oder entanthropomorphisierter Informationsbegriff a la Shannon ("informations is information, not matter or energy") wird erst durch die artifizielle Verselbstständigung der Sphäre zwischenmenschlicher Mitteilung ermöglicht, ist also ein (weiteres) Produkt der Entfremdung der Produzenten von ihren Produktionsbedingungen. "Es findet also analog zur Verselbstständigung der Phänomene Ware und Geld auch im Falle des Austauschs von Information auf artifizieller Basis eine Abstrahierung vom Urheber und somit auch eine gewisse Anonymisierung und Verdinglichung statt, die dann die Basis für die Vorstellung eines neutralen Informationsbegriffs wurde."
"Will man eine nicht-reduktionistische Synthese unterschiedlicher Phänomene (das Zusammendenken der Phänomene der im Abschnitt Begriffe aufgelisteten verschiedenen Abstraktionsstufen -- HGG) erreichen, dann ist dies nur auf dem Weg der Analogie möglich.
Ich bezeichne als Informationismus jeden - im pejorativen Sinne - ideologischen Versuch, diesen analogischen Weg ... zu verschleiern ...
Jeder Informatismus, der den metaphorischen Sinn von Information nicht akzeptiert, kann heute nicht überleben."
"Die Entanthropomorphisierung der Informationssphäre bildet deshalb die Basis für die kybernetische Vorstellung einer alle materielle und immaterielle Austauschprozesse bestimmenden Größe, wobei der Informatismus in die "semantische Falle" des Reduktionismus tappt", diese Größe auf einen einzigen Anfang reduzieren zu wollen.
Wenn man wie in (Fuchs-Kitttowski) Information als Verhältnis versteht, ist ein dinglicher Informationsbegriff ähnlich aufgestellt ist wie der Warenbegriff als verdinglichter Fetisch eines gesellschaftlichen Verhältnisses. Alle dort bekannten krtischen Überlegungen gelten auch hier. Ausgeführt etwa in (Hoevels) oder (Holloway). -- HGG
Zur Meinung
Das Meinen ist in dieser Gesellschaft in besonders hohem Kurs als ideologische Methode des Verhinderns von Denken.
- "Denn das geschwächte und der Realität immer hörigere Bewusstsein verliert mittlerweile die Fähigkeit, jene Anspannung der Reflexion zu leisten, die ein
- Begriff von Wahrheit fordert, der nicht dinghaft und abstrakt der bloßen Subjektivität gegenübersteht, sondern sich entfaltet durch Kritik, kraft der wechselseitigen Vermittlung von Subjekt und Objekt." (Adorno-MWG)
Mehr dazu in (Adorno-MWG). -- HGG
Zur Relevanz
(Capurro-95, Kap. 5): "Ähnlich der Wertformanalyse, die Ware und Geld wesensmäßig als Wertformen erkennt, kann man nach dem Wesen fragen, welches sich in der Form "Information" verbirgt: Dieses Wesen ist die Relevanz. Damit meine ich, dass alle möglichen zwischenmenschlichen Mitteilungen analog zu den von Marx analysierten Faktoren Gebrauchswert und Tauschwert durch subjektive und objektive Relevanz gekennzeichnet sind. Der Wert der Information besteht in der sich veräußernden und dadurch potenziell allgemein verwertbaren gesellschaftlichen Arbeit der Interpretation, die subjektiven Ursprungs ist, aber jeweils ein Mehr an Bedeutung, eine potenzielle und allgemeine oder objektive Relevanz einschließt. Es gilt, je selbstständiger eine Mitteilung gegenüber dem Mitteilenden ist, umso relevanter wird sie, sofern sie potenziell für jeden, jederzeit und für alles Mögliche relevant sein kann. Zur Ausblidung einer solchen Selbstständigkeit tragen artifizielle Mittel, von den Tonscherben bis zu den elektronischen Netzwerken, wesentlich bei."
- nochmal präzisiert