was lange währt

Bei der Konzeption des deutschen GIVE - Institut für eine integrierte Gesellschaft beziehe ich mich aus gutem Grund zunächst auf zwei ältere Texte von Franz. Zum einen haben wir den Anspruch, ausgehend vom GIVE-Konzept auch etwas Neues in die Wege zu leiten; es war die Anwendung gerade dieser Ansätze auf die eigene Forschung, die z.B. bei Uwe-Christian Plachetka zu ganz eigenständigen Ergebnissen führte. Zum anderen ist es zumindest für mich eine Notwendigkeit, skizzenhaft den Werdegang der Idee der globalen Dörfer nachzuvollziehen, um die Interessenten daran heranführen zu können (was ja nicht heißt, daß man auch etwaige Irrtümer wiederholen muß).

Plachetka etwa beruft sich ausdrücklich auf "Telematischer Raum und globale Subsistenz"[1] in welchem es heißt: "Das _lokale_ Verständnis kann sich selbst nicht mit ausreichender Tiefe in seiner strikt lokalen Existenz ohne _globale_ Begriffe und Dimensionen wahrnehemn. Die lokale Entscheidung, ein bestimmtes Getreide mit einer bestimmten Technologie auf einem bestimmten Stück Land anzubauen, ist kurzsichtig, solange es nicht gewisse Kenntnisse über den nationalen und den Weltmarkt für Nahrungsmittel gibt, über die moderne, eigentlich Natur des Landbesitzes, über den Klassenkonflikt, in dem Produktionstätigkeiten eingelagert sind, über die ökologischen Implikationen der Landwirtschaft, über die möglichen technischen Optionen ... Einer _globalen_ Auffassung hingegen, die nicht in lokalen Begriffen ausgedrückt werden kann, fehlt ein hinlänglicher Realitätsbezug: Sie ist nichts als reine Spekulation, Ideologie" (Gustavo Esteva,1, p.29)

"Was sich fast völlig unbemerkt und unbegriffen abgespielt hat, ist nicht einfach eine Veränderung in den Mustern des Marktzugangs. Vielmehr handelt es sich um eine wesentlich fundamentalere Entwicklung: die Beendigung des gesamten historischen Prozesses der Herausbildung von Märkten. Dieser Wendepunkt ist so revolutionär in seinen Implikationen, dennoch so unscheinbar, daß "kapitalistische" wie "marxistische" Theoretiker, verloren in ihren Polemiken aus dem Zeitalter der industriellen Modernisierung, die Zeichen der Entwicklung kaum bemerkt haben"

"Der Preis der Aufrechterhaltung von Konkurrenzfähigkeit im Weltsystem ist die Externalisierung der Krisenlasten, die Alvin Toffler die "Revolte der Reichen" genannt hat." (Anm.: es ist allerdings nicht gesagt, daß diese Externalisierung ganz so neu ist; vielmehr könnte diese "Revolte" auch Einleitung eines weiteren Zyklus der kapitalistischen Entwicklung sein, vgl. "Forces of Labour" u. generell z.B. zu Zyklen bei Gräbe. Davon unberührt bleibt folgende Aussage:)

Der Begriff des telematischen Raumes: "Die Segmentierung der betrieblichen Produktion ist die größte stoffliche Umwälzung seit dem Fabriksystem, und sie wäre undenkbar ohne die Aufblähung des Straßenverkehrs zuungunsten der Schiene - und ohne Telekommunikation als Vermittler zwischen den Einzelsegmenten.

Wichtig - und durch meine Beobachtungen Ende 2005 in Ungarn nochmals bestätigt - : "Die Marktwirtschaft hat in der überwiegenden Anzahl der Fälle gar keine Gewalt anwenden müssen, um die Menschen von der Scholle und ihren landwirtschaftlichen Existenzgrundlagen zu vertreiben."

Das Konzept des globalen Dorfes besteht nun darin, von dieser Zufälligkeit zu einer Tragfähigkeit zu gelangen, in der nicht der Import von Zahlungsfähigkeit, sondern die stoffliche Verkettung und Vernetzung zu einer wirklichen Kreislaufwirtschaft den Ausschlag geben. Die Grundthese ist, daß sich durch die modernen Technologien die Ausgangslage für eine Entwicklung auf der Grundlage lokaler Ressourcen (und damit langfristig erlöst vom Problem der Zahlungsfähigkeit) nicht verschlechtert, sondern dramatisch verbessert hat.

[...]

Der zweite Text ist betitelt Über die Aufgabe von GIVE und stammt aus dem Jahre 1992:

GIVE - GLOBALLY INTEGRATED VILLAGE ENVIRONMENT

Einen solchen Lebensraum zu konstruieren, zu testen und zu verbessern und sich mit dem gesamten Komplex der dabei auftretenden Probleme zu beschäftigen, einen Showcase zu schaffen, der dem Anspruch eines verallgemeinerbaren Lebensmodells ebenso gerecht werden, wie er Appetit auf eine menschlichere Zukunft machen soll, ist die Aufgabe des Global Village /GIVE-Projekts.

Dabei sollen Verbindungen hergestellt, Partnerschaften gestiftet und Allianzen ermöglicht werden, die sonst vielleicht nie zustandekommen würden. Organisationen von heute können durch die Beteiligung an einem solchen Projekt die Sensibilität für Veränderungen von morgen entfalten.

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StefanMatteikat (last edited 2006-02-26 08:37:29 by StefanMatteikat)

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