Ich habe die Debatte mal etwas umsortiert, um Fäden deutlicher werden zu lassen. Verweis auch auf meine Kommentare zur WAK-Debatte -- HGG 2006-08-06
Und Upcase- sowie bold-Bemerkungen habe ich in kursive verwandelt (ersteres wegen des "Schreiens" - Hinweis von Stefan Meretz; letzteres, weil bold (nur?) bei mir in der Druckfassung nicht angezeigt wird.) -- HGG 2006-09-04
Und Kommentare, die sich dialogisch aufeinander beziehen, in eine Einrückebene gesetzt. -- HGG 2006-09-10
Und auf HGG/Grundlagen habe ich ein paar meiner empirischen und methodischen Ausgangspunkte versucht genauer darzustellen. -- HGG 2006-08-11
Was rechtfertigt den Begriff "Pubertät"?
".. denn es wird das alte (und wenigstens auf psychischer Ebene wohlfeile) Kommandoverhältnis auf der letzten der möglichen Stufen reproduziert, dem Verhältnis zwischen dem "freien" Unternehmer und den von ihm ausgebeuteten Arbeitskräften. Das mag auch Gründe im Stand der Produktivkräfte haben, zeigt aber, dass gegenüber vorkapitalistischen Verhältnissen nur noch ein kleiner Schritt zu einer wirklich freien Gesellschaft erforderlich ist: Diese letzte Bastion autoritativer Kommandostrukturen ist zu schleifen." Das ist das Hauptargument, mit dem ich begründe, dass der entscheidende Bruch in den Gesellschaftsformen ("Reich der Freiheit" - Engels) mit dem Kapitalismus gekommen ist und nicht erst mit dessen Ende. In dem Sinne sind wir Zeuge des Erwachsenwerdens einer Gesellschaft - auf einer etwa 2000-jährigen Zeitschiene gesehen. Eben "Pubertät" - was für den Jugendlichen so unendlich quälend erscheint und auch ist (einschließlich der suizidalen Option), das relativiert sich aus einer anderen Perspektive. Damit übersieht man m.E. viel weniger Keime als durch die Brille der klassischen Formationstheorie. -- HGG 2006-07-26
Ich denke, die Begrifflichkeit "pubertär" bringt mehr Probleme als Verständnis. Wenn ich etwas als "pubertär" bezeichne (schon im übertragenen Sinne), dann nehme ich an dass der so bezeichnete Zustand und der darauf Folgende durch den Übergang "Erwachsenwerden" verbunden ist. Dann sehe ich zwar durchaus so etwas wie Wandlung und Krise, aber keinen grundlegenden Qualitätsunterschied. Das, was sich pubertär wandelt, ist dieselbe Person. Was in der Gesellschaft gleich bleibt, ist beim Übergang vom Kapitalismus aber maximal die Gesellschaftlichkeit "als solche". Genau in der Gesellschaftsform, dem qualitativ Wesentlichen, erwarte ich aber nicht nur ein "Erwachsenwerden", sondern ein Aufhören und ein Neuwerden im Sinne eines grundlegenden qualitativen Bruchs. Dass wir vom Kapitalismus nicht alles verlieren werden, sondern grad die Frage der Produktivkräfte (soweit sie nicht längst zu Destruktivkräften pervertiert sind) immer aktuell ist, muss nicht mit so einer Bezeichnung wie "pubertär" erinnert werden... Letztlich haben wir doch viel bessere, tradierte Begriffe wie "Aufhebung" und so... -- (A.S.)
- Du hast den Punkt getroffen: "Wandlung und Krise, aber kein grundlegender Qualitätsunterschied." Genau das meine ich mit dieser These. Das, was bei Menschen im Alter von 13-18 Jahren abgeht, das geht mit der Menschheit von etwa 1350 bis 20xx ab. Naturhaftigkeit der sozialen Beziehungen abstreifen und zu einer Kulturhaftigkeit kommen. Auf der die heutige Sozialisierung über eine Wertverwertung auf der Basis der "blinden tautologischen Selbstbewegungsstruktur des Geldes" ein notwendiges, ganz konflikthaftes Durchgangsstadium ist, in welchem Altes noch präsent ist und Neues schon angelegt. Von dem keineswegs "maximal die Gesellschaftlichkeit" (was das auch immer sei) bleibt. Um dies wirklich zu verstehen, wäre aber erst einmal Marxens ökonomische Theorie, bzw. - genauer - das, was landläufig dafür gehalten wird, (respektvoll) zu dekonstruieren wenigstens auf einem Level, wie es Ruben in (ruben-95) und (ruben-98) vorgegeben hat. Mit den Abstrakta, mit denen du hier um dich wirfst, kann ich - mit Verlaub - wenig anfangen. Ich habe versucht, ein Stück weit real ablaufende Prozesse in ein theoretisches Gerüst einzusortieren, das mir das Ablaufende erklärlich macht. Vielleicht können wir uns einigen, dass wenigstens hier, auf dieser Wikiseite, über diesen Text geredet wird. Wenn das geschehen ist, dann können wir immer noch überlegen, ob "viel bessere, tradierte Begriffe wie 'Aufhebung' und so" mehr geeignet sind, oder andere Aspekte einfangen oder was auch immer. -- HGG 2006-08-06
Okay, wenn ich hier über diesen Text rede, darf ich Dir also nichts weiter sagen, als was Du eh schon geschrieben hast... -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
Allgemein scheint es mir, dass du viele "anspielungen" machst, ohne den herleitbaren zusammenhang wirklich herzuleiten. (In einem vortrag geht das manchmal nicht besser)
Die staerkste ist "kapitalismus als pubertierende freie gesellschaft". Als pointe ist das ein muntermacher, aber als ausgangspunkt einer ableitung erscheint mir das zu plakativ. -- (Wolf 2006-07-13)
- Es ist nicht der Ausgangspunkt meiner Ableitung, sondern eine erste logisch stringente (so hoffe ich) Konsequenz der Betrachtung der ablaufenden Prozesse auf einer 2000-jährigen Zeitschiene. Denn ohne die bekommt man den Machbarkeitswahn und die ökologische Problematik nicht mit in den Blick. Es geht eben nicht nur um die Abschaffung des Kapitalismus, sondern um einen vollkommenen Schwenk in der Produktionsweise. Dieser Schwenk hat mit dem Kapitalismus eingesetzt und wir befinden uns in einer ganz schwierigen Phase, wo Kräfte, die gegen den Schwenk stehen und Kräfte, welche den Schwenk befördern, hart miteinander ringen. Aber der ganze Kapitalismus ist bereits "schwenken". Da erscheint mir die Metapher von der (300-jährigen) Pubertät (der Menschheit in ihrer über 2000-jährigen "neuzeitlichen" Entwicklung) durchaus zutreffend. -- (HGG 2006-08-07)
- Wieso bringt die Bezeichnung "pubertär" den "Machbarkeitswahn und die ökologische Problematik mit in den Blick" und die wertkritische Kritik der zerstörerischen Kapitaldynamik (um nur ein Beispiel für eine gesellschaftstheoretische, nicht biologistische Analyse zu nennen) nicht?
Sogar wenn eine biologistische Metapher etwas vorstellbarer machen sollte, so muss sie auf jeden Fall etwas besser verständlich machen und ich sehe das nicht. Was hat Pupertät mit Ökologie und Machbarkeitswahn zu tun??? -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
Die PK-Entwicklung der letzten 300 Jahre hat mit einem extremen Zuwachs der "Kraft" der in Bewegung gesetzten Agentien zu tun, wobei in keiner Weise das Gefühl für den vorsichtigen Gebrauch dieser Kraft adäquat mitgewachsen ist. Ein Problem, das typischerweise auch in der Pubertät auftritt und dort zu Verwerfungen führt, die - rein phänomenologisch - viele Parallelen zu den heutigen Herausforderungen an gesellschaftliche Entwicklungen haben. Das, was junge Menschen im Hinblick auf die Einbettung ihrer (physischen und geistigen) Kraft in ein soziales Gefüge lernen müssen, das muss die Menschheit als Gattung im Hinblick auf die Einbettung ihrer Kraft in den"geistig-lebenidgen Kosmos" (PM-05) lernen. -- HGG 2006-09-04
Ich ringe immer noch mit der Sinnhaftigkeit des Begriff "pubertär". Das hat beim Menschen mit dem Übergang ins Erwachsensein, mit - teilweise unproduktiv abgrenzend, verneinender - Identitätsfindung, letztlich aber mit einer relativ großräumigen Adaptierung und Inbesitznahme, Verinnerlichung vorhandener, zuerst abgelehnter Werte zu tun. Wenn ich versuche, das zu übertragen, dann ist der Konflikt vor allem ein solcher mit den Gegebenheiten der Natur und Ökologie, die Identitätsfindung als solche natürlich immer eine Aufgabe, aber nicht im Kontrast zu einem bestehenden "Establishment". Auch wenn ich besser zu verstehen glaube, was du meinst, für mich gilt immer noch der alte Karlauer "nicht alles, was hinkt ist ein Vergleich". -- -- HelmutLeitner 2006-09-06 08:55:31
Nun, die These von der "pubertären Form" impliziert - in (graebe-mawi) und (graebe-ccthesen) genauer ausgeführt - dass der große Bruch in der menschlichen Vergesellschaftung, der "Schritt vom Reich des Zwangs ins Reich der Freiheit" mit dem Kapitalismus erfolgt und nicht erst nach dem Kapitalismus auf der Tagesordnung steht. Die Menschheit als Gattung muss dabei insbesondere ein neues Verhältnis zur Natur finden, die ja ein solcher Umbruch innerhalb einer der auf ihr hausenden Spezies reichlich wenig juckt. Wenn es diese Vernunftform nicht schafft, dann wird es in ein paar Millionen Jahren den nächsten Versuch geben. Insofern geht es nicht primär um "Selbstentfaltung", sondern darum, dass uns diese Industriemaschine nicht um die Ohren fliegt. Das ist eine Quelle der Überlegungen zu meiner These, in (graebe-ccthesen) deutlicher markiert. -- HGG 2006-09-10
Wenn ich das richtig verstehe, dann distanzierst du dich damit von der Merten'schen Oekonux-These: OpenSource = wesentlich Selbstentfaltung = Keimform.Kriterium ? Auf meine Frage geantwortet verstehe ich das als: Mit dem Kapitalismus kommt der Mensch in eine neue Rolle des "Macht habens" über die Ökologie unseres Planeten. In diese Rolle muss er erst hineinwachsen, so wie ein Jugendlicher mit erworbener Macht (Kraft, Intelligenz, Sexualität) in der Pubertät in die Rolle des verantwortlichen Erwachsenen hineinwachsen muss? Dem könnte ich zustimmen. Auch der Offenheit des Ausgangs. -- HelmutLeitner 2006-09-13 07:45:25
Ich würde das nicht so alternativ ("distanzierst du dich") formulieren wie du es hier tust, sondern dass mir dieses Bild zu einfach ist. Die "neue Rolle des Macht habens über die Ökologie unseres Planeten" ist keine Sache von Jahren oder Jahrzehnten, sondern nur in der Perspektive von Jahrhunderten und Jahrtausenden zu verstehen und wird wenigstens seit Anfang des 20. Jahrhunderts unter der Überschrift "Noosphäre" debattiert. Ich habe das in (graebe-ccthesen) versucht genauer aufzureißen: das "unvollendete Projekt der Moderne", die bis in die Anfänge der Renaissance zurückzudenken ist (habe neulich einen wunderschönen Text von Manfred Kossok aus dem Jahr 1993 gefunden: "Wege und Irrwege im Jahr 1492" - liegt leider nur gedruckt vor, aber für einen Euro in der RLS Sachsen zu haben); die ungeheure Beschleunigung dieses Prozesses im "langen 20. Jahrhundert", von dem das "kurze 20. Jahrhundert" der Versuche des Realsozialismus ein Teil sind; der in die Krise gekommene "Machbarkeitswahn"; die Rolle von "Vernunft" und insbesondere "kritischer Vernunft" und vor allem die Entfaltung des sechsten und siebenten Sinns. -- HGG 2006-09-14
- Wieso bringt die Bezeichnung "pubertär" den "Machbarkeitswahn und die ökologische Problematik mit in den Blick" und die wertkritische Kritik der zerstörerischen Kapitaldynamik (um nur ein Beispiel für eine gesellschaftstheoretische, nicht biologistische Analyse zu nennen) nicht?
- Ich hatte mal irgendwann Folgendes verstanden: Wenn Leute anfangen Begriffe aus der Biologie, (natürlichen) Evolution oder der menschlichen Entwicklung für gesellschaftliche Phänomene verwenden, dann ist das gewöhnlich nur ein Verweis darauf, dass sie den entsprechenden Sachverhalt grundsätzlich nicht verstanden haben. Pubertät ist nun mal eine passende Kategorie für Menschen, nicht aber für Gesellschaften. -- StefanMerten 2006-07-24 18:27:13
Nimm mich doch einfach mal ernst. -- HGG 2006-07-26
Das tue ich Hans-Gert, das tue ich. Nähme ich dich nicht ernst, dann würden mich solche Begriffskatastrophen nicht weiter interessieren und du würdest nichts von mir hören. -- StefanMerten 2006-07-27 15:17:26
- Naja, ich dachte bisher auch, das Wort "Pubertät" sei eher als Metapher zu nehmen. Schon das macht seine Verwendung mißverständlich: bezieht es sich auf den Kapitalismus, der erwachsen wird oder die ganze Menschheitsgeschichte? Es soll wohl die Menschheitsgeschichte sein. Ja, und was sagt uns das jetzt?
Ist eine Zivilisation wirklich nichts anderes als ein biotischer Organismus? Ist die Abfolge der Gesellschaftsformationen wirklich als Aufeinanderfolge von organismischen Entwicklungs- phasen zu begreifen? Schon in der Biologie gilt dieses Phasenmodell als überholt!!!
Ich weiß immer weniger, was ich daran ernst nehmen soll -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
Ich verwende den Begriff der "Pubertät" (selbstverständlich) auf dieselbe konkret-allgemeine Weise wie du und Stefan Meretz den Begriff "Keimform" verwenden. Insofern geht deine Kritik "Ist eine Zivilisation nichts anderes als ein biotischer Organismus?" am Wesen vorbei. -- HGG 2006-09-06
- Naja, ich dachte bisher auch, das Wort "Pubertät" sei eher als Metapher zu nehmen. Schon das macht seine Verwendung mißverständlich: bezieht es sich auf den Kapitalismus, der erwachsen wird oder die ganze Menschheitsgeschichte? Es soll wohl die Menschheitsgeschichte sein. Ja, und was sagt uns das jetzt?
Kapitalismus ... in irgendeiner .. Form auch positiv sehen?
Verstehe ich das richtig? Als grundsätzliche Kritik ("nicht verstanden") an dem hier protokollierten Arbeitskreis? Huetten06 und dieses Wiki sind ja beides Orte innerhalb eines links-theoretisch orientierten Diskursraumes, der an sich Ansprüche intellektueller Wissenschaftlichkeit stellt. Das Problem scheint nun zu sein, Kapitalismus als eine Entwicklungsstufe - und damit auch in irgendeiner wie immer abgeschwächten Form auch positiv - zu sehen. Um das zu verdecken, muss man zumindest zur Pauschalabwertung "pubertär" greifen. Das signalisiert Hilflosigkeit und Selbsttäuschung. -- HelmutLeitner 2006-07-26 07:48:37
- "Kapitalismus ... in irgendeiner .. Form auch positiv sehen". Da sehe ich mich in einer Reihe mit den Altmeistern, die im komm. Manifest ja auch zunächst sechs Seiten lang die zivilisatorische Bedeutung der kap. Gesellschaft beleuchten und betonen, ehe sie zu deren Kritik ansetzen. -- HGG 2006-07-26
- Nein. Ich habe den Text noch nicht gelesen (auch, weil ich momentan noch die ganzen Protokolle aufbereite). Aber diese Begrifflichkeit fand ich in Hütten schon komplett daneben. -- StefanMerten 2006-07-27 15:17:26
Okay, das, was wir brauchen, wertschätzen. Jetzt warte ich bei HGG langsam auf die Kritik, auf die restlichen Seiten statt der ersten 6. -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
Die findest du in (graebe-mawi) und (graebe-ccthesen). Hier geht es mir ausschließlich um den Ausgangspunkt, also genau um "die ersten sechs Seiten". -- HGG 2006-09-06
Ich bin Leser, ihr wart Teilnehmer vor Ort, d. h. es ist an euch auf der übergeordneten Seite die wesentlichen Punkte zu vermitteln. Für mich geht es zunächst um Orientierung: "geht es um eine Form wissenschaftlicher Arbeit?" (und ich weiß ja, dass HGG Professor ist), dann müsste eigentlich "methodischer Zweifel" als konstruktives Element willkommen sein. -- HelmutLeitner
- "wissenschaftlich" - Hmm, ich weiß nicht, ob ich mir einen solchen Anspruch umhänge, denn Zeit und Vorbildung reichen eigentlich nur zu Dilettantentum, zu dem ich mich aber auch aktiv bekenne. Aber analytisch, den Anspruch stelle ich mir auf alle Fälle. -- HGG 2006-07-27
- Was heißt "analytisch" bei Dir? Auch das ist ziemlich unbestimmt. Das Verwenden von biologistischen Metaphern ist doch sicher nicht ernsthaft als "Analyse" gemeint?
Was Ruben, den Du ständig zitiertst, macht, ist wirklich eine Analyse und in anderen Literaturstellen legt er auch ausführlich dar, was das ist. Vergessen darf man bloß nicht, dass jede Analyse auf Voraussetzungen beruht und es wäre eine falsche Bescheidenheit, die nicht mit zu bedenken und transparent zu machen.
Die Analyse bei Ruben beruht auf der methodischen Gleichsetzung von Ökonomie und Naturwissenschaft. Dann mögen auch Worte wie "Pubertät" nicht nur als Metapher gemeint sein, sondern wirklich als analytische Begriffe.
Dazu kann ich dann nur feststellen, dass ich diese Voraussetzung nicht teile. -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
Analyse verstehe ich hier im Gegensatz zur Form der Utopie, die versucht, das Transzendente an den Umbrüchen zu denken. Beides hat sicher seine Berechtigung, aber meine Betonung der Analyse rührt auch daher, dass mir im Oekonux-Kontext zu viel "gesponnen" wird. Ruben - wenigstens in (ruben-95) und (ruben-98), mehr kenne ich von ihm nicht - "methodische Gleichsetzung von Ökonomie und Naturwissenschaft" zu unterstellen kann ich in keiner Weise nachvollziehen. -- HGG 2006-09-04
- Was heißt "analytisch" bei Dir? Auch das ist ziemlich unbestimmt. Das Verwenden von biologistischen Metaphern ist doch sicher nicht ernsthaft als "Analyse" gemeint?
Eine analytische Absicht genügt mir, denn es geht mir um den Modus der Gesprächs, nicht um ein Bewerten. Modus bedeutet, dass ich in Details kritisch sein möchte, ohne dass dies als Gegnerschaft oder Nörgelei aufgefasst wird. Als Nicht-Marxist anerkenne ich den Idealismus und die sozialen Ziele, und teile vieles, ohne aber die Werkzeuge der Theorie zu schätzen. Es ist schwer für mich zu verstehen, dass es Bedeutung hat zu sagen "das Ende des Kapitalismus ist nahe" denn darin steckt entweder eine religiös-endzeitliche Botschaft (die mich beunruhigt, weil solche erfahrungsgemäß nie eintreffen) oder die Behauptung eines kybernetischen Systemverstehens, das eine Prognose zulässt, das ich aber nicht sehe. -- HelmutLeitner 2006-07-28 07:28:15
- Als (Natur)wissenschaftler kann ich 'ismen' sowieso schwer nachvollziehen. Es gibt ja auch keine Einsteinisten. Wieso eigentlich nicht? "Kybernetisches Systemverstehen" ist, glaube ich, seit Ende der 60er, seit man seltsame Attraktoren und so was kennt, in ernsthaften Argumentationen ziemlich out. Im (PM) heißt es sogar "geistig-lebendiger Komsos statt mechanistisch-materialistischem Denken" -- (HGG 2006-08-08)
"Es gibt ja auch keine Einsteinisten. Wieso eigentlich nicht?" Klar gibts die. Die sind nur so vorherrschend geworden, dass sie sich nicht mehr so benennen müssen. -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
Ich fühle mich als der "autonome", der nur gelten lässt, wovon er sich selbst überzeugen kann und dem Autoritäten, sei es Koran, Bibel oder Marx zwar Geländemarkierungen, aber nicht Denkrichtungen geben. Deswegen wünsche ich mir, im Interesse aller, eine präzise, transparente Sprache und modulare Argumentationen. Große Gedankengebäude sind starre Gefängnisse und vertragen sich nicht mit der Autonomie. Freiheit scheint mir nach wie vor ein schwieriger und belasteter Begriff, der nicht geklärt ist. Deswegen sehe ich Probleme in seiner Verwendung: "freie gesellschaft" erscheint mir propagandistisch wie "strahlendweiße wäsche". Dagegen ist der Begriff "Autonomie", obwohl sicher verwandt, viel fassbarer. Es ist vorstellbar, dass man die wirtschaftliche Autonomie des Einzelnen bemessen kann (wie lange kann ich mir leisten, nicht zu arbeiten, in welchen Zwängen stecke ich) und auch eine gedankliche Autonomie sollte zumindest analytisch aufgliederbar sein. Auch Autonomie in Gesundheitsfragen oder autonome Lernfähigkeit wären interessante Bereiche. Analoges ist mit dem Begriff der Freiheit schwer denkbar. Vielleicht: Freiheit ist ein idealistischer Begriff des Systems, Autonomie ein realistischer Begriff des Systemelements. -- HelmutLeitner 2006-07-28 07:28:15
- "Freie Gesellschaft" (mit dem großen F) benutze ich hier ausschließlich in der (absolut unscharfen, aber hier weithin akzeptierten) Semantik von Oekonux als die große Utopie. -- (HGG 2006-08-08)
- "Ich fühle mich als der "autonome", der nur gelten lässt, wovon er sich selbst überzeugen kann und dem Autoritäten, sei es Koran, Bibel oder Marx zwar Geländemarkierungen, aber nicht Denkrichtungen geben."
Meinst Du, du schaffst es in einem Leben das Erkennen und Denken von mindestens 2000 Jahren individuell alles selbst nachzuvollziehen? Oder ist es hinreichend, wenn wir alle irgendwo kurz vor Aristoteles stehen bleiben?
Ich meine nicht, dass man etwas unbedacht, ungeprüft übernehmen solle. Aber ich finde es normal, auch viel Zeit seines eigenen Lebens für das ernsthafte Kennenlernen und Nachvollziehen des schon Vorhandenen aufzuwenden. Wer das für diese oder jene Richtung dann getan hat, mag auch zur Erkenntnis kommen, das er das anderen auch besonders empfehlen möchte. Oder es geschieht auch, dass er mit anderen dann in der so kennengelernten Fachsprache weiterspricht. Auch das muss legitim sein, solange es anderen nicht aufgezwungen wird.
Das Wort "Wert" im Marxismus ist z.B. so ein Wort einer gesellschaftstheoretischen Fachsprache. Die Demokratie und Autonomie besteht dann für mich darin, dass jeder das nachvollziehen können soll - aber nicht, dass es ohne Mühe einfach nur mal so in beliebigem Sinne verwendet werden kann. -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
- "Ich fühle mich als der "autonome", der nur gelten lässt, wovon er sich selbst überzeugen kann und dem Autoritäten, sei es Koran, Bibel oder Marx zwar Geländemarkierungen, aber nicht Denkrichtungen geben."
Autonome interagierende Agenten
Ein Grund für mich, das Gespräch zu suchen, war dass sich bei mir im GründerWiki auch der Begriff des autonomen Menschen gebildet hat. Ich hätte das gerne abgeglichen und mehr über die funktionale Einbettung des Begriffes hier gewusst. Falls es eben eine solche gibt und das Ganze hier nicht rituell gemeint ist (in dem Fall entschuldige ich mich für das Missverständnis). -- HelmutLeitner
- Das ist ein zentrales Element, weshalb ich (begründet!) der Meinung bin, dass der wirkliche Bruch mit dem Kapitalismus passiert ist: Der hat con-current (also nebenläufig und autonom) agierende und interagierende "Produzenten" - obwohl in Ansätzen historisch deutlich älter - erst zur gesellschaftsmächtigen Grundlage der Produktionsorganisation gemacht. Und zwar zu einer Grundlage, hinter die wir nicht wieder zurück wollen und auch nicht können, ohne ganz viel unserer Zivilisation aufzugeben. Als eine klare Antwort auf die Frage, hinter welche Standards wir nicht zurück wollen.
Mehr dazu siehe auch http://www.opentheory.org/ko-kurrenz/text.phtml (2.1.2) und (2.1.3)
Und noch eine Anmerkung: Arbeit (als "tätige Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensbedingungen" verstanden) und Wert sind in einer Welt con-current (also nebenläufig und autonom) agierender und interagierender "Produzenten" (auch diese Vokabel habe ich anderenorts hinterfragt) einfach ein Paar zusammengehörender Schuhe. Arbeitsteilung und Tauschwert sind zwei Seiten derselben Medaille. -- HGG 2006-08-06
Wenn ich Dich nicht aus dem Oekonux-Kontext kennen würde, würde ich mich doch stark wundern: Sind für Dich die Microsoft-Softwareprogrammierer und die Linux-Leute gleichermaßen "con-current (also nebenläufig und autonom) agierende und interagierende "Produzenten" " - oder was unterscheidet diese beiden Weisen zu produzieren? --AnnetteSchlemm 2006-08-11
Ja, selbstverständlich. Das heißt doch in keiner Weise, dass es nicht verschiedene Formen dieser con-currentheit gibt. Beide Seiten "produzieren" doch Software in vielem "wie man eben Software produziert" und lernen ganz viel voneinander. Siehe etwa Java und Dot-Net. Das ist für mich auch Teil der Story. -- HGG 2006-09-04
Ich schlage auf jeden Fall eine Verbindung der Konzepte "Autonomer Mensch" (wie im Link von H.L.) mit dem Begriff der "Selbstentfaltung" vor. Selbstentfaltung betont die Nicht-Isoliertheit und das Nicht-auf-Kosten-Anderer. Zum entsprechenden Konzept siehe http://www.thur.de/philo/ku51.htm --AnnetteSchlemm 2006-08-11
Da rennst du bei mir offene Türen ein. Mit meiner These frage ich allerdings danach, ob es neben ethisch-normativen auch sachlogisch-praktische Quellen für eine solche Bewegung hin zu mehr "Selbstentfaltung" gibt und wo diese Quellen ggf. in der Geschichte der Menschheit schon alles zu sehen waren/sind. Weil ich davon ausgehe, und da wähne ich mich in guter Marxscher Tradition, dass es nicht die Ideologie, sondern die Sachlogik ist, welche zu neuen Gesellschaftsformen führt. Eben Moglen (moglen-03): "At a certain stage in the development of the means of production and of exchange, the conditions under which feudal society produced and exchanged, the feudal organisation of agriculture and manufacturing industry, in one word, the feudal relations of property became no longer compatible with the already developed productive forces; they became so many fetters. They had to be burst asunder; they were burst asunder." Und "It is in the domain of technology that the defeat of ownership finally occurs, as the new modes of production and distribution burst the fetters of the outmoded law." -- HGG 2006-09-04
Freie vor dem Kapitalismus
Auch die feudale gesellschaft hatte ihre freien: die handwerkermeister, die freien bauern, hofmeier, die freiherrn und der gesamte adel. Die konnten allesamt entscheidungen treffen, mehr oder weniger in allgemeine regeln eingebettet, z.b. zuenftische beschraenkungen der produktion. Der vater von Werner Siemens war verwalter eines freiherrlichen gutshofs. Die Roechlings waren, bevor sie stahl zu kochen begannen, hofmeier. Der kapitalismus hat zunaechst nicht unbedingt mehr "freie" hervorgebracht, sondern eher den raum freier betaetigung erweitert bis hin zum freien lohnarbeiter. (Kant war "Girondist", indem er meinte, dass keine politischen rechte haben solle, wer in eines andern diensten stehe.) -- (Wolf 2006-07-13)
- Eben, diese auch rückwärts über den Kapitalismus hinausgehenden Elemente einer freien Gesellschaft versuche ich ja in den Blick zu bekommen. Ich schaue sogar noch weiter zurück wenigsten bis ins antike Athen und frage, ob es nicht zu allen Zeiten Gesellschaften mit so vielen "Freien" gab, wie es der Stand der Produktivkräfte gerade erlaubte? Und alle diese Freien haben (auch) Beiträge zur Wissenschaft geleistet, die viele Jahrhunderte später noch Einfluss hatten (Aristoteles, Platon, Epikur). Zufall? -- (HGG 2006-08-07)
- Ich sehe hier ein Problem: In welchem Sinne waren diese Personen "frei"? Sie standen niemals außerhalb des jeweiligen herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisses, sondern waren in ihrer "Freiheit" Bestandteil genau dieses Verhältnisses.
Auf jeden Fall stand ihre persönliche "Freiheit" innerhalb einer Struktur, in der sie nur auf Kosten anderer ihre Freiheit leben konnten (Ausbeutung der Mehrarbeit anderer).
Genau dies gilt es zu verändern. Freiheit nicht mehr auf Kosten anderer, sondern ... "Andere Menschen als Erweiterung unserer Freiheit." (Hegel) -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
- Genau das wäre wirklich mal genauer auseinanderzunehmen. Wie weit ich Elemente eines "auf Kosten anderer" auch in unserer eigenen Praxis, etwa in Hütten, wahrnehme hatte ich ja schon geschrieben. Dass das Torvaldsche "I won't", das "Prinzip Hoffnung" der Wissensgesellschaft, die Gefahr der Instrumentalisierung in sich trägt, ist klar. Und wenn es nicht wirkliche Instrumentalisierung ist, so zumindest das Gefühl. Die OHA-Thematik eben, die weit, weit über die Frage der direkten kapitalistischen Ausbeutung hinausreicht. -- HGG 2006-09-04
- Ich sehe hier ein Problem: In welchem Sinne waren diese Personen "frei"? Sie standen niemals außerhalb des jeweiligen herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisses, sondern waren in ihrer "Freiheit" Bestandteil genau dieses Verhältnisses.
Aufhebung der Warenform?
Das korngroessendilemma laesst nicht sichtbar werden, dass die entwicklung auf die aufhebung der warenform und des austauschs hinauslaeuft, was in meinen augen ein tiefgreifenderer umbruch als der uebergang von der feudalen zur kapitalistischen gesellschaft ist. Denn bei diesem umbruch wurde die warenform beibehalten und zu ihrer bislang hoechsten entwicklung gebracht. Die aufhebung der warenform stellt alles bislang dagewesene in den schatten. Oder etwa nicht? Erst bei aufhebung der warenform ist die freiheit aller realisiert. -- (Wolf 2006-07-13)
- Genau dieses Gerede über eine (angebliche) Aufhebung bestreite nicht nur ich inzwischen ganz vehement, weil sie einer seriösen Kritik einfach nicht stand hält. Siehe sowohl http://www.optentheory.org/ko-operenz, besonders meine Bemerkungen (2.1.2) und (2.1.3) als auch die Sachen auf wiki:HGG/WAK-Debatte, die Kritik ebenda von Heinz P. und auch (ruben-98) -- (HGG 2006-08-07)
Und wer bestimmt, was "seriös" ist? Eine Identifikation von Ökonomie und Naturwissenschaft (wie bei Ruben) ist für mich zumindest keine seriöse Ausgangsposition. -- AnnetteSchlemm 2006-08-11
Das wort "dingliche logik(en)" laesst nur muehsam den begriff erkennen, den es traegt oder tragen soll. Es waere an verallgemeinerbaren beispielen zu erlaeutern. -- (Wolf 2006-07-13)
- Das sind nichts anderes als die Logiken, welche im Austausch die Gebrauchswerte zusammenfügen, die N_1,...,N_k in (ruben-98) -- (HGG 2006-08-07)
Arbeitsteilung und die Rolle von Kompetenz
Jeder Mensch als einzigartiger wissensexperte - das ist sehr suggestiv. Deine erlaeuterung, dass es bei nur 10 wissenselementen schon 2 hoch 10 verschiedene kombinationen des wissens gebe, ist auch suggestiv. Jedoch: bei nur etwa 35 wissenselementen gibt es mehr kombinationen als menschen, das hiesse, dass der menschheit ganz schnell die experten ausgingen. -- (Wolf 2006-07-13)
- Keineswegs, das heißt nur, dass wir uns nicht für jede denkbare Kombination solche Experten leisten können. Experten sind genuin knapp, auch - oder vielleicht besonders - in Zukunft. Wahrscheinlich viel knapper als Güter, so dass sich in Zukunft die Welt nicht mehr darum drehen wird, zu jeder Zeit und an jedem Ort die erforderlichen Güter zu haben (einschließlich deiner Tasse Kaffee), sondern am richtigen Ort und zur richtigen Zeit die erforderlichen Experten. Die Leitsozialisation wird sich weg von der Sozialisation "produktiver" Arbeit in ihrer Verengung auf Güterproduktion und Erwerbsarbeit und hin zur Wissenssozialisation bewegen. In (graebe-mawi) genauer ausgeführt. -- (HGG 2006-08-07)
Erfahrungen und wissen sind vermittelbar, weitergebbar, erwerbbar, nachfragbar. Wie verlaeuft das konkret, eingebettet in die gesellschaftliche produktion und reproduktion? Ohne dies sichtbar zu machen, fuehrt dein argument meines erachtens auf eine art "kollektiven solipsismus", der dann notwendig auf arbeitsteilung angewiesen waere. Marx und Engels (z.b. Anti-Duehring) kritisieren es scharf, wenn sozialismus mit arbeitsteilung angedacht wird. -- (Wolf 2006-07-13)
- Oha, ist das nicht hirnverbrannt? Die ganze Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte zunehmender Arbeitsteilung und nun soll sie auf einmal - wie von Zauberhand - verschwinden? Nicht seriös. Habe ich auf wiki:HGG/WAK-Debatte genauer auseinandergenommen. Marx hat hier einen vollkommen verqueren Totalitätsbegriff und unterscheidet nicht zwischen den Anforderungen an die Menschheit als Gattung und an die je einzelnen Individuen, genauer Personen wie bei (ruben-98) ausgeführt. -- (HGG 2006-08-07)
Keine arbeitsteilung heisst nicht, dass alle das gleiche machen, sondern das sie die unterschiedlichen arbeiten, die zu einem gesamtergebnis fuehren sollen, verabreden. Freiheit besteht auch darin, sich von einer expertise zu verabschieden und etwas ganz anderes ohne absturz anfangen zu koennen. -- (Wolf 2006-07-13)
- Wie jetzt, weißes Blatt - lass alles Erlernte und alle Erfahrung fahren? Kann man das überhaupt sinnvoll denken? Ist es nicht gerade die aufgesaugte Erfahrung, die ein Individuum als Element des Gemeinwesens zum unterscheidbaren Subjekt macht? Spricht hier nicht die Warenmonade aus dir, die nach jedem Tauschakt den Hauptspeicher löscht? -- (HGG 2006-08-07)
Verbindungen zum Anarchismus
Ein Grund für mich, das Gespräch zu suchen, war dass sich bei mir im GründerWiki auch der Begriff des autonomen Menschen gebildet hat. Ich vermute, dass viele, die sich selbst als "anarchisch" verstehen, im Grunde Prototypen des "autonomen" sind, ihnen jedoch ein entsprechendes Wertesystem fehlt (statt danach zu suchen, wird es im "anarchischen" konserviert). -- HelmutLeitner
Wolf Göhring in Hütten und Stefan Matteikat auf [ox-de] (21.7.06) hatten auf solche Verbindungen auch schon hingewiesen: "... ganz wichtig fand ich folgenden Einwurf von Wolf: die Anarchisten hätten sich im Kern als Vollender der uneingelösten Versprechen der französischen Revolution verstanden - erst kürzlich stellte ich fest, daß die Formel "Freiheit ist Voraussetzung und Resultat", die ich bisher als Verballhornung gewisser Theorieelemente von Marx verstanden hatte, auf Bakunin zurückgeht, die "Keimformkriterien" also offenbar krypto-anarchistische Elemente enthalten." -- HGG 2006-07-27
- Sowohl Anarchismus als auch Kommunismus - also die freiheitliche wie die autoritäre Variante von Sozialismus - sind m.E. Formen, die dem bürgerlichen Formenkreis zuzurechnen sind. Während der Kommunismus sich immerhin auf die kapitalistische Modernisierung eingelassen hat, ist der Anarchismus leider im Wesentlichen in vorbürgerlichen Formen stecken geblieben - in den meisten Ausprägungen zumindst.
Insofern ist es nur logisch, wenn sie die gleichen Ideale verfolgen wie die, die der bürgerlichen Gesellschaft zu Grunde liegen (z.B. abstrakte / entfremdete Gerechtigkeit). So erinnere ich mich z.B gut an meine libertäre Zeit, in der wir uns immer mal wieder gewundert haben, wie nah anarchistische und liberale Ideale oft zusammen liegen. Heute weiß ich warum.
Durch Oekonux habe ich gelernt, dass eine neue Gesellschaft nicht einfach umstandslos auf den Idealen der alten aufsetzen kann. Sie muss sie vielmehr in einer (positiven) Synthese in einer nächsten Form aufheben. Diese wird dann sicher anders aussehen, als These und Antithese der alten Formation. Dies muss in einer Keimform schon sichtbar sein.
Es ist also eigentlich logisch, ja, es muss sogar so sein, dass weder KommunistInnen, noch AnarchistInnen, noch Liberale ihre Ideale in der Keimform 1:1 wiederfinden. Diesen gedanklichen Schritt zu schaffen, sehe ich als eine der zentralen persönlichen Aufgaben für die Menschen an, die sich ernsthaft mit dem Thema auseinander setzen wollen. Und wahrscheinlich einen der schwierigsten. Denn von alten, lieb gewonnenen Denkformen zu lassen und sich Neuem zu öffnen fällt nicht nur denen schwer, die den Kapitalismus beibehalten wollen. -- StefanMerten
Sonstiges
Helmut, Stefan, ihr seid ja feine Gesellen. Von Unterstützung ist nichts zu spüren. Was sollen den Meta-Theorien über Worte oder noch besser über den Verfasser helfen, wenn das Ganze bzw das wesentliche in einem Text nicht begriffen bzw kommuniziert ist ? -- ThomasKalka
- Thomas, eine Diskussionsbereitschaft ist an sich schon eine Form der Unterstützung. Ich bin Leser, ihr wart Teilnehmer vor Ort, d. h. es ist an euch auf der übergeordneten Seite die wesentlichen Punkte zu vermitteln. Für mich geht es zunächst um Orientierung: "geht es um eine Form wissenschaftlicher Arbeit?" (und ich weiß ja, dass HGG Professor ist), dann müsste eigentlich "methodischer Zweifel" als konstruktives Element willkommen sein.
Ein Grund für mich, das Gespräch zu suchen, war dass sich bei mir im GründerWiki auch der Begriff des autonomen Menschen gebildet hat. Ich vermute, dass viele, die sich selbst als "anarchisch" verstehen, im Grunde Prototypen des "autonomen" sind, ihnen jedoch ein entsprechendes Wertesystem fehlt (statt danach zu suchen, wird es im "anarchischen" konserviert). Ich hätte das gerne abgeglichen und mehr über die funktionale Einbettung des Begriffes hier gewusst. Falls es eben eine solche gibt und das Ganze hier nicht rituell gemeint ist (in dem Fall entschuldige ich mich für das Missverständnis). -- HelmutLeitner